Corona und das Recht auf Bildung

03. April 2020


„Eltern stehen in der momentanen Ausnahmesituation vor großen Herausforderungen.“
Dr. Birgit Lambertz, stellvertretende Vorstandsvorsitzende SOS-Kinderdorf e.V.
Home-Schooling – was vor der Corona-Krise nur in Ausnahmefällen möglich war, gehört derzeit zum Alltag. Ebenso wie Eltern, die versuchen Arbeit und das Unterrichten der Kinder unter einen Hut zu bekommen und nicht selten daran verzweifeln. Wie war das nochmal mit Physik, Mathe und Chemie? Selbst Eltern mit Hochschulabschluss tun sich schwer, ihren Kindern mit dem Gymnasialstoff zu helfen. Aber was, wenn die Eltern einen anderen Abschluss haben, als die Kinder anstreben? Diese Chancenungerechtigkeit gab es in Deutschland schon vor Corona, doch sie verschärft sich durch die Krise.
„Viele Eltern haben schlicht nicht die Möglichkeit, ihre Kinder daheim adäquat zu fördern. Während die einen täglich mit ihren Kindern üben und Unterstützung anbieten können, kämpfen die anderen mit sprachlichen Barrieren, müssen jede freie Minute arbeiten oder können im Haushalt einfach keinen ruhigen Ort fürs Lernen finden. Hier besteht die Gefahr, dass gerade Kinder aus belasteten Familien ins Hintertreffen geraten“, warnt die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des SOS-Kinderdorfvereins.
„Eltern brauchen jetzt so gut es geht Unterstützung.“
Dr. Birgit Lambertz, stellvertretende Vorstandsvorsitzende SOS-Kinderdorf e.V.
SOS-Kinderdorf weist anlässlich des Jahrestags des Inkrafttretens der UN-Kinderrechtskonvention am 5. April darauf hin, dass es in der momentanen zugespitzten Lage von sozialer Isolation, Ausgangsbeschränkungen und heruntergefahrenem öffentlichen Leben besonders wichtig ist, Familien so gut wie möglich zu unterstützen.„Eltern brauchen jetzt so gut es geht Unterstützung – ob von der Politik, vom Arbeitgeber oder von sozialen Verbänden. Dafür müssen ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt und digitale Möglichkeiten kreativ eingesetzt werden. Gerade das Recht auf Bildung darf jetzt nicht allein davon abhängen, welche Möglichkeiten Eltern haben, ihre Kinder zu fördern“, so Lambertz.
Damit sich die Chancenungerechtigkeit in Deutschland nicht weiter verschärft, braucht es für viele Familien neue und kreative Lösungen – ob Hausaufgabenhilfe per Telefon, kostenlose Lern-Apps oder Erklär-Videos. Dr. Birgit Lamberz appelliert: „Die Politik muss die soziale Infrastruktur auch in der Krise finanziell absichern und nach Möglichkeit ausbauen. Soziale Dienste müssen jetzt unkompliziert und kurzfristig neue Wege beschreiten können, für Familien da zu sein, damit Kinder in der momentanen Ausnahmesituation geschützt und gefördert werden.“