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"Eine Mutter macht aus, dass sie zuhört"

Seit 21 Jahren ist Rosalie (60) Kinderdorfmutter im SOS-Kinderdorf in Mbalmayo im zentralafrikanischen Kamerun. 26 Kinder hat sie in dieser Zeit großgezogen, mit vielen steht sie heute noch in engem Kontakt. Im Interview spricht sie über ihren Werdegang bei SOS und darüber, was ihr in der Erziehung der ihr anvertrauten Kinder wichtig ist.
Wie sind Sie zu SOS gekommen?
Ich wollte immer viele Kinder. Als SOS in Mbalmayo das Dorf baute, hatte ich bereits zwei eigene, doch weitere konnte ich nicht bekommen. Mein Bruder, der wusste wie sehr ich Kinder liebe, hat die Stellenanzeige in der Zeitung gesehen und sie mir sofort vorbei gebracht. Er sagte: „Das ist der Job für dich!“ Da habe ich eine Bewerbung geschrieben.
Wie ging es dann weiter?
Es hat ziemlich lange gedauert. Doch irgendwann kam der Direktor des SOS-Kinderdorfes zu mir ins Dorf, um sich nach mir zu erkundigen. Mein Vater hat ihm wohl erzählt, dass ich für alle Kinder im Dorf wie eine Mutter sei und hat sogar noch gefragt, was all diese Kinder ohne mich machen sollen, wenn SOS mich anstellt (lacht). Ich hatte zu dieser Zeit einen Job als Altenpflegerin und auch hier hat der Direktor des Dorfes nach mir gefragt. Die alten Leute sagten ihm, dass sie mich nicht gehen lassen wollen. Und dass sie gerne wieder Kinder wären, damit ich mich weiter im SOS-Kinderdorf um sie kümmern kann (lacht noch mehr). Da hat der Direktor gesehen, wie sehr ich es liebe Menschen zu helfen, und hat mich angestellt.
War es trotzdem anfangs schwierig für Sie, sich um Kinder zu kümmern, die nicht Ihre eigenen waren?
Eigentlich nicht. Was mich aber geschockt hat, war zum ersten Mal Kinder zu erleben, die wirklich niemanden hatten, der sich um sie kümmert. Ich habe nicht verstanden, wie man Kinder einfach so zurücklassen kann. Da habe ich beschlossen, jedem Kind so viel Liebe zu geben, dass Menschen, die sie noch aus ihrem früheren, einsamen Leben kannten, sie bald nicht mehr wiedererkennen würden.
Was ist Ihnen da das wichtigste in der Erziehung Ihrer SOS-Kinder?
Ich möchte ihnen Respekt und Liebe füreinander beibringen. Auch dass sie denen helfen, die in Schwierigkeiten sind, ist mir wichtig.
Funktioniert das immer?
Nein, nicht immer. Die Kinder verbringen ja auch nicht nur Zeit mit mir, und es gibt viele äußere Faktoren, auf die ich keinen Einfluss habe. Manchmal bemerke ich dann Veränderungen, dass ein Kind auf einmal häufig lügt zum Beispiel. Erziehung klappt nicht immer zu hundert Prozent, aber ich gebe mein Bestes.
Mit insgesamt 26 Kindern, die Sie begleitet haben, was macht für Sie eine Mutter aus?
Um eine Mutter zu sein, muss man nicht unbedingt selber Kinder bekommen haben. Eine Mutter macht aus, dass sie zuhört und dem Kind hilft Lösungen für seine Probleme zu finden.
Kommen auch Ihre erwachsenen SOS-Kinder noch mit ihren Problemen zu Ihnen?
Nein, nicht alle. Die meisten Kinder, die ich großgezogen habe, waren Mädchen. Sie habe ich besonders dazu erzogen, dass sie unabhängig sind. Ich wollte ihnen vermitteln, dass man als Frau nicht bei der kleinsten Schwierigkeit sofort aufgeben kann. Eine Frau muss bereit sein, zu kämpfen. Deshalb kommen gerade die Mädchen mit ihren Problemen nicht sofort zu mir. Sie kämpfen und kommen nur, wenn sie alleine wirklich gar nicht mehr weiterkommen.
Ikon

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