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Eine ganz besondere Beziehung

Geschwister verbindet immer etwas ganz Besonderes. Für Kinder, die in einem SOS-Kinderdorf leben, sind die leiblichen Geschwister oft noch wichtiger als für andere Jungen und Mädchen. So wie für Luisa und Laura aus dem SOS-Kinderdorf Gera.
„Ich hab drei Gummibärchen. Wie viele hast du“, meint die kleine Laura, und zieht an der Tüte mit den Süßigkeiten, bis sie diese ihrer großen Schwester Luisa entrissen hat. „Sei still, hör auf“, ermahnt Luisa ihre kleine Schwester und umarmt das kleine blonde Mädchen lachend. Als die beiden ins SOS-Kinderdorf Gera kamen, war Laura gerade einmal zweieinhalb. Nun leben sie schon einige Jahre hier.
Ein Stück Familie
Für Laura ist ihre große Schwester ein Stück Familie, das sie mit ins SOS-Kinderdorf nehmen konnte. Ist sie mal ängstlich oder kann sie nicht schlafen, krabbelt sie in Luisas Bett, um sich trösten zu lassen.
Geschwister haben immer eine große Bedeutung im Leben eines Kindes, aber vor allem für diejenigen, deren Eltern sich nicht angemessen um sie kümmern können. Wenn Kinder aus der Ursprungsfamilie genommen werden und zur Trennung von den Eltern und einem neuen Lebensort, die Trennung der Geschwister hinzukommt, ist das eine noch größere Belastung für die Kinder. Im Normalfall werden Geschwister gemeinsam untergebracht – wenn nicht in einer Kinderdorffamilie oder Wohngruppe, dann zumindest in derselben Einrichtung. Dies ist seit über 60 Jahren ein Grundprinzip der pädagogischen Arbeit bei SOS-Kinderdorf.

Früh Verantwortung übernehmen
Wissenschaftliche Studien zu Geschwisterbeziehungen im SOS-Kinderdorf betreibt das Sozialpädagogische Institut seit mehr als zehn Jahren und die Forschungsergebnisse zeigen: Brüder und Schwestern prägen im Leben mindestens so stark wie Eltern. Wenn Gewalt, Suchtkrankheiten oder Überforderungssituationen der Eltern das Aufwachsen bestimmen, entwickeln Kinder bereits im Vorschulalter „Überlebensstrategien“ für sich und ihre Geschwister. Oft sind sie dann einander die einzigen Bezugspersonen. Nicht selten übernimmt ein älterer Geschwisterteil die Rolle der Mutter oder des Vaters.
So wie Luisa für Laura die Verantwortung übernahm, weil ihre Eltern das nicht konnten. Vater und Mutter haben sich kaum um die beiden gekümmert, die Wohnung der Familie befand sich in einem verwahrlosten Zustand.
Bindung zu nicht leiblichen Geschwistern
Studienergebnisse zeigen auch: Jungen Menschen ist es sehr wichtig, sich wie in einem wirklichen Zuhause zu fühlen – mit einer verlässlichen Bezugsperson und Geschwistern. Ein Großteil aller Kinder und Jugendlichen in stationären Erziehungseinrichtungen hat Geschwister. Oft leben auch Geschwistergruppen aus verschiedenen Herkunftsfamilien in einer Kinderdorffamilie, was ganz neue und vielfältige Formen von Beziehungen eröffnet. „Wenn die Chemie stimmt und die Kinder sich am neuen Ort zugehörig fühlen, entstehen durch die Familiensituation nicht selten neue, eben soziale Geschwisterbeziehungen“, erzählt Dr. Kristin Teuber. Viele der älteren SOS-Kinderdorfkinder, die die Familie bereits verlassen haben, kommen häufig zu Besuch und halten die Beziehung zu ihren sozialen Geschwistern oft ein Leben lang aufrecht.
Eine eigene Persönlichkeit entwickeln
Wichtig ist, dass jedes einzelne Kind seine eigene Persönlichkeit entwickelt. Noch ist Luisa diejenige, die Laura den Schulranzen abnimmt, wenn er ihr zu schwer wird, oder ihr bei den Hausaufgaben hilft. „Sie ist immer für ihre kleine Schwester da, stellt ihre eigenen Bedürfnisse oft hinten an“, erzählt Torsten Voigt vom SOS-Kinderdorf Gera. „Luisa hat schon früh Verantwortung übernommen. Sie vergisst darüber manchmal selbst Kind zu sein. Wir ermutigen sie deshalb, stärker an sich zu denken.“


Geschwister bei SOS-Kinderdorf

Das gemeinsame Aufwachsen von Geschwistern ist bei SOS-Kinderdorf seit jeher Programm und Qualitätsmerkmal. Die Vereinten Nationen haben dies erst 2009 in den Leitlinien für alternative Formen der Betreuung berücksichtigt. Aufgrund ihrer Struktur – mit Kinderdorffamilien und Wohngruppen – eignen sich die SOS-Kinderdörfer besonders dafür, Geschwistern ein gemeinsames Zuhause zu bieten. Auch Mädchen und Jungen unterschiedlichen Alters können nah beieinander untergebracht werden und täglich miteinander Kontakt haben.

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