Eine wachsende Zahl von Kommunen erprobt je nach lokalen Gegebenheiten unterschiedliche Sozialraummodelle in der Kinder-und Jugendhilfe. Diese Modelle unterscheiden sich vor allem in der Ausgestaltung der Erziehungshilfen, der Art der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Trägern und in der Finanzierung. In jedem Fall aber stellt sich die Frage, inwiefern die vorrangige Orientierung fachlichen Handelns an den Gegebenheiten eines Sozialraumes mit den Vorgaben des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) zu vereinbaren ist. Um dieser Frage nachzugehen, haben die Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH) und der SOS-Kinderdorfverein bei Prof. Dr. Johannes Münder ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten wurde am 21. Mai 2001 auf der Tagung "Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe auf dem Prüfstand – Rechtliche Bewertungen zu einem sozialpädagogischen Reformprojekt" zur Diskussion gestellt. Fachkundige Referenten waren eingeladen, ihre Einschätzungen dazu abzugeben.
In der Theorie wird kaum kritisiert, wenn zielgruppenübergreifend gearbeitet wird, wenn unterschiedliche Leistungsbereiche, wie etwa die Jugendhilfe und die Wohnungshilfe, zusammenwirken oder Träger ihre Angebote in einer Region miteinander abstimmen. Die Diskussion um Sozialraumorientierung verschärft sich allerdings, wenn es um organisatorische und finanzielle Veränderungen in der Kinder- und Jugendhilfe geht.
Maßstab jedes sozialräumlichen Handelns muss die fachliche Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung sein mit dem Ziel, die Situation von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu verbessern. Mit sozialräumlichen Konzepten Sparmaßnahmen zu begründen, ohne die fachlichen Implikationen der Ansätze zu berücksichtigen, wäre fatal – das wäre halbierte Sozialraumorientierung.